Erfindung der Nachhaltigkeit
"Wer Bäume setzt, obwohl er weiß,
dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird,
hat zumindest angefangen,
den Sinn des Lebens zu begreifen." (Rabindranath Tagore)
Ausgangssituation
Der Harz ist zu großen Teilen eine vom Menschen geprägte Kulturlandschaft, deren Aussehen sich durch die jahrtausendelangen Nutzungsansprüche eines der bedeutendsten Montanindustrie-Standorte der vorindustriellen Zeit erklären lässt.
Neben einer großen Dichte wertvoller naturschutzrelevanter Gebiete ist der Gesamtharz Naturpark und eine 24.800 ha große Fläche des Harzes Nationalpark. Dieser verfolgt das Ziel, großflächig eine vom Menschen unbeeinflusste Wald-Wildnis entstehen zu lassen und dient somit dem Prozessschutz.
90% der Fläche des Welterbes Oberharzer Wasserwirtschaft liegen im Naturpark Harz (Niedersachsen), die anderen 10% im Nationalpark Harz und bilden so eine in Deutschland einzigartige Kombination von Natur- und Kulturgut von höchstem nationalen und internationalen Schutzstatus.
Nach dem Ende des Bergbaus zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Harz für den Tourismus erschlossen. Historische Bergbauanlagen störten vielfach den Erholungsbetrieb und wurden beseitigt, so dass kulturhistorisch wertvolle Zeugen einer jahrhundertelangen Arbeits- und Lebenstradition verschwanden.
Heute erleben Besucher den Harz als intakte Naturlandschaft. Selbst in weiten Teilen der lokalen Bevölkerung ist das Wissen über die Kulturlandschaft Harz, die vielfältige Nutzung und Veränderung von Wäldern und Landschaften in der Vergangenheit in Vergessenheit geraten.
Erst mit der Verleihung des Welterbetitels für die Oberharzer Wasserwirtschaft 2010 erleben viele Harzbewohner das Gefühl von Stolz und Würdigung, fragen aber ebenso wie Besucher nach Informationen zu Bergbau, Wasserwirtschaft oder Waldnutzung. Fragen zukünftiger Nutzungen der Harzer Wälder wie Erzeugung und Speicherung regenerativer Energien (Wasser, Wind) und damit verbundene Konfliktpotentiale verschiedener Interessen sind aktueller denn je.
Konzept
Mit der Vergabe des Welterbetitels im Jahr 2010 hat sich das Interesse am Kulturdenkmal Oberharzer Wasserwirtschaft enorm gesteigert. Als Flächendenkmal nunmehr von Weltrang sorgt das Kulturdenkmal ebenso für eine erhöhte Nachfrage nach der Entstehung der Kulturlandschaft Harz bzw. nach der vermeintlichen Naturlandschaft Wald. Daher bietet die Bereitschaft zum Erleben und Verstehen von Kultur und Natur als Einheit eine hervorragende Möglichkeit, Kinder und Jugendliche aber auch Erwachsene für Natur- und Waldbelange zu sensibilisieren.
Produktions- bzw. Planungszeiträume von Jahrzehnten bis Jahrhunderten prägten Bergbau und Forstwirtschaft gleichermaßen. Die früheren „Berg- und Forstämter“ bildeten sogar eine historische Verwaltungseinheit, weil fast ausschließlich der Bergbau den Wald beanspruchte. Der Bergbau, seine Wasser- und Waldwirtschaft nutzten die Naturressourcen nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit ("Posterität").
Der Harz ist in einzigartiger Weise geeignet, Landschaft als Ergebnis menschlichen Handelns in einen historischen Kulturkontext zu stellen. Das Welterbe wird als Kulturerlebnis- und Naturlernort präsentiert, um ein nachhaltiges Schutzbedürfnis für das Montanerbe und die Umwelt zu wecken.
Im Sinne einer Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) wird die Oberharzer Wasserwirtschaft anhand von in der Fläche sichtbaren Objekten und Phänomenen anschaulich und nachvollziehbar vermittelt. Wald und Landschaft werden interdisziplinär vorgestellt und so in ihrer komplexen Multifunktionalität begreifbar. Dabei sollen Besucher über ein empathisches Verstehen angeregt werden, eigene Werte und Handlungen zu hinterfragen und zu verändern.
Weitere Informationen finden Sie auch unterWissen & Vermitteln
Ziele
Vor diesem Hintergrund wollen wir:
- die einzigartige Kulturlandschaft Harz mit Nutzungen von Wald, Wasser und Bodenschätzen durch den Menschen erläutern
- über das kulturelle Interesse am Welterbe Oberharzer Wasserwirtschaft einen Zugang zum Umwelt- bzw. Naturschutz herstellen
- die Verbindung von Wald und Wasser und damit die Komplexität der Waldfunktionen sowie modernes Waldmanagement vorstellen
- den Erlebnisort Natur attraktiv gestalten und häufig verloren gegangene Beziehungen zum Naturverständnis und Kulturwissen wieder herstellen
- die sinnfreie Wahrnehmung von Kultur und Natur durch ein sinnlich-ästhetisches Erleben ersetzen
- zum demokratischen Diskurs über Natur- und Ressourcennutzung beitragen, indem für diese Themen eine breitere Öffentlichkeit hergestellt wird
- Lernumgebungen verändern, indem nicht Kompetenzen vermittelt werden, sondern die Persönlichkeit entwickelt wird. Ziel modernen Lernens ist nicht Wissen in Fächern zu reproduzieren, sondern die Problemlösungsfertigkeiten für interdisziplinäre Fragestellungen zu verbessern und damit die Kreativität zu erhöhen
- zum kulturellen Selbstverständigungsprozess beitragen, indem auch aktuelle gesellschaftspolitische Fragenstellungen angesprochen werden
- eine Erhöhung des Bewusstseins für die interdisziplinäre Einbeziehung ökonomischer, ökologischer, sozialer und kultureller Aspekte als Voraussetzung einer nachhaltigen Nutzung von Ressourcen bewirken
- Entscheider in Politik, Verwaltung und Wirtschaft für Themen der Nachhaltigkeit, des Ressourcenschutzes und der regenerativen Energieerzeugung sensibilisieren
- nicht nur Verständnis erzeugen, sondern zu einer Veränderung der eigenen Lebensweisen anregen und zu einem Lebensstil des "Langsamer - Weniger - Besser - Schöner" beitragen
- Begeisterung für nachhaltiges Wirtschaften und Leben herstellen, um gesellschaftliche Transformationsprozesse zur Sicherung der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen zu unterstützen
- Menschen durch besondere Erlebnisse zum Selbstentdecken von Natur und Kultur des Harzes anregen
- den ökologischen, sanften und nachhaltigen Tourismus im Harz fördern, der z.B. regionale und biologische Küche anbietet und ressourcenschonend arbeitet
- Kultur und Bildung als weiche Standortfaktoren in der Region stärken sowie die Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft im Harz zu festigen
BNE
Für die Nachhaltigkeitsvermittlung sind die Veranstaltungen mit Diplom-Forstwirt Christian Barsch als "Offizielles Projekt der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung" ausgezeichnet worden. Die Dt. UNESCO-Kommission lobte vor allem die Vermittlung von Gestaltungskompetenz für soziale,ökologische, ökonomische, und kulturelle Nachhaltigkeit auch an Erwachsene.
"Nachhaltigkeit" als Denkmodell ist seit der UN-Umweltkonferenz von Rio de Janeiro 1992 und der dort konzipierten Agenda21 zu einem Schlüsselbegriff gegenwärtigen und zukunftigen Handelns geworden. Um Nachhaltigkeit zu lernen, hat die UNESCO den Zeitraum 2005-2014 zur Weltdekade der "Bildung für nachhaltige Entwicklung" erklärt. Ab 2016 sind diese zu den "Nachhaltigkeitszielen" (Sustainable Development Goals) weiterentwickelt worden.
Im Bereich der Umweltbildung und des Globalen Lernens bedeutet dies einen noch umfassenderen bildungspolitischen Ansatz. Denn frühere Konzepte beinhalteten die reine Wissensvermittlung und das Hervorrufen positiver Einstellungen zur Umwelt.
Das Konzept der "Bildung für nachhaltige Entwicklung" der UNESCO greift weiter und vermittelt Gestaltungskompetenzen, die jeden Einzelnen befähigen, aktiv auf allen Gesellschaftsebenen an der Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung mitzuwirken.
Mehr über "Bildung für nachhaltige Entwicklung" können Sie hier erfahren.